Dieser Artikel erfordert mehr Erfahrung im Umgang mit Linux und ist daher nur für fortgeschrittene Benutzer gedacht.
Als Computer- und Musikliebhaber sammelt man seine Musik natürlich auf dem Computer. Jede neue Audio-CD wird sofort als OGG oder MP3 gerippt und in die eigene Sammlung aufgenommen. Oder man schneidet Internetradio-Sendungen mit. So haben sich schnell hunderte oder tausende von Songs angesammelt und die Übersicht fällt schwer.
Also muss eine vernünftige Software her, die hilft, den Überblick zu bewahren. Der einfachste Weg für einen einzelnen Rechner ist ein Audio-Player mit integrierter Musikverwaltung (auf Wunsch mit Datenbank). Hier geht es um einige weniger bekannte Spezialisten, die entweder den Aufbau eines Musikservers mit Streaming im lokalen Netzwerk ermöglichen oder eine Musiksammlung lokal katalogisieren. Prinzipiell lässt sich ein Musikserver aber auch auf dem eigenen Rechner verwenden – der Rechner ist dann gleichzeitig Server und Client. Zum Abspielen kann dann fast jeder beliebige Audio-Player genutzt werden, sofern
die passenden Codecs installiert sind und
das Abspielprogramm mit Wiedergabelisten umgehen kann
Aber selbst das beste Programm scheitert, wenn man bei den Metadaten schlampt. Korrekte Tags sind das A und O jeder Musiksammlung!
Auch wenn sich mit den nachfolgend beschriebenen Programmen auf dem eigenen Rechner arbeiten lässt, liegt ihr Schwerpunkt im Aufbau eigenständiger (dezidierter) Musikserver. Basis ist meist ein LAMP-Server (Linux – Apache – MySQL – PHP), der dann die Musikstücke an Clients im lokalen Netzwerk (LAN) oder im Internet als Stream verteilt.
Hauptaufgabe der hier beschriebenen Musikserver ist das Ausliefern von Playlisten (via HTTP oder DAAP). Verwaltet werden diese in der Regel über eine Web-Oberfläche, die sich mit einem beliebigen Browser ansteuern lässt. Wer mehr braucht, schaut im Artikel Internetradio nach. Auch manche Multimedia-Center wie z.B. Mediatomb ermöglichen ein Streaming von Audiodateien, eignen sich aber – speziell im genannten Beispiel – aufgrund der verwendeten Topologie (UPnP) eher für Hardware-Player.
Insbesondere die Möglichkeit, Streams über das Internet zu verteilen, setzt eine intensive Beschäftigung mit der Copyright-Problematik voraus und erfordert unter Umständen eine integrierte Benutzerverwaltung. Zum Betreiben eines öffentlich verfügbaren Internetradios – dazu zählt auch ein frei zugänglicher Musikserver – braucht man in Deutschland im Gegensatz zu einem Rundfunksender bei weniger als 500 Nutzern keine Sendelizenz. Allerdings fallen Gebühren von derzeit mind. 530 EUR pro Jahr an (Stand: 2010), wenn man "abgabepflichtige" Musik sendet. Besonders unangenehm ist, dass diese Gebühren auch nachträglich fällig werden können. Umgehen kann man dies nur, indem man ausschließlich Beiträge oder Titel mit einer Lizenz, die ausdrücklich die weitere Verbreitung gestattet (z.B. Creative Commons), sendet.
Unterschiede zwischen den hier genannten Lösungen bestehen in der Unterstützung verschiedener Audio-Formate, einer integrierten Benutzerverwaltung, der Möglichkeit, zwischen verschiedenen Formaten/Bitraten zu konvertieren oder in der nicht unwichtigen Möglichkeit, die Web-Oberfläche (mittels Skins) anzupassen. Nachfolgend eine alphabetische Liste.
Ampache zählt zu den ältesten Streaming-Servern und wird immer noch aktiv entwickelt. Ampache basiert auf PHP und MySQL. Zu den unzähligen Funktionen zählen eine integrierte Benutzerverwaltung und ein Flash-Audioplayer. Weiterer Vorteil: das Programm ist bequem aus den offiziellen Paketquellen zu installieren. Online-Demo verfügbar.
Auch Ample zählt zum Urgestein, allerdings wird es nicht mehr weiterentwickelt und ist auf MP3s beschränkt. Das Programm lässt sich aber immer noch bequem aus den offiziellen Paketquellen installieren, erfordert keine komplexe Konfiguration und keinen besonders leistungsfähigen Rechner.
Der DSS kann neben Audiodateien auch Videos ausliefern. Siehe Darwin Streaming Server.
edna ist ein simpler Audio-Streamingserver auf Python-Basis. Er braucht weder einen Webserver noch eine Datenbank, ist ressourcenschonend und schnell eingerichtet. Ein gutes Programm zum Einstieg in das Thema. Einziger Schwachpunkt: das Programm wird nicht mehr weiterentwickelt.
Der Firefly Media Server (ursprünglich mt-daapd) ist eine Alternative zum Darwin Streaming Server (DSS). Genau wie der DSS besonders interessant für iTunes-Nutzer (Mac OS X, Windows), aber auch Rhythmbox, Banshee, Amarok (ab Version 1.4.2) und Songbird (mittels Add-On) können als Clients genutzt werden. Als Einstieg kann der Artikel Musik liegt in der Luft - Multimedia-Streaming im lokalen Netz mit Firefly dienen, der im LinuxUser 06/2008 veröffentlicht wurde.
Mit forked-daapd gibt es seit Sommer 2009 eine experimentelle Abspaltung, die sich noch in Entwicklung befindet. Dazu siehe auch dieser Forumspost
.
Der GNUMP3d basiert ausnahmsweise nicht auf PHP, sondern auf Perl. Eine Datenbank ist nicht erforderlich. Letzte Version aus 2007, die Weiterentwicklung wurde eingestellt (bis Ubuntu 8.04 in den offiziellen Paketquellen enthalten).
Der Helix DNA Server ist ein sehr umfangreicher Streaming-Server, der viel mehr kann als nur Musik zu streamen. Dementsprechend hoch ist der Einarbeitungsaufwand.
Jinzora Media Server benötigt prinzipiell nur PHP, empfiehlt aber eine (MySQL-)Datenbank. Beherrscht die Wiedergabe von Audio- und Videodateien.
kPlaylist ist eine weitere Streaming-Applikation, die eine MySQL-Datenbank benötigt. Besonders interessant ist die Möglichkeit, auch sehr große Musikstücke (> 32 MB) zu streamen (hier versagen Projekte wie Jinzora oder zina). Ferner bietet kPlaylist eine integrierte Benutzerverwaltung, mit der sich der Zugriff auf die Musiksammlung detailliert konfigurieren lässt. Online-Demo
verfügbar.
Mit MiniDLNA wird Ubuntu zum Medienserver. Alle digitalen Geräte, die DLNA unterstützen und an das Heimnetz angeschlossen sind, können auf Bilder, Videos, Hörbücher, etc. zugreifen, die auf dem Server abgelegt sind.
Der Music Player Daemon (MPD) stellt einen Datenbank-Server und Audio-Player mit optionalem Streaming-Server plus Webfrontend bereit. Darüber hinaus gibt es viele verschiedene Client-Programme, die auf den MPD zugreifen können.
Speziell wenn die vorhandene Hardware für den Server extrem schwach ist (z.B. eine NSLU2 oder ein anderes NAS), kann „Music Browser“ interessant sein. Das Programm benötigt einen beliebigen Webserver und PHP (ab Version 4.2), aber keine Datenbank. Ein Flash-Player ist integriert. Weitere Informationen findet man im Artikel zu Music Browser.
netjukebox reiht sich in die Liste der LAMP-Systeme ein. Eine erwähnenswerte Funktion stellt die Möglichkeit dar, Cover für CD-Hüllen direkt als PDF-Datei auszugeben. Screenshots
und Online-Demo
verfügbar.
Sockso fällt im Vergleich mit den anderen hier aufgeführten Musikservern völlig aus dem Rahmen. Zum Betrieb wird weder ein Webserver noch eine Datenbank benötigt, einzige Voraussetzung ist ein installiertes Java. Damit ist das Programm ideal, um ohne große Vorbereitungen Musik ins (lokale) Netzwerk zu streamen. Weitere Informationen
und ein How-To
für Ubuntu erleichtern den Einstieg.
Squeezebox (ursprünglich SlimServer oder SqueezeCenter) ist nicht nur die Softwarekomponente spezieller (Logitech-)Hardware, sondern kann auch separat eingesetzt werden. Mit VortexBox
gibt es eine eigene Distribution zur Installation des Musikservers, die ab Version 1.4 auch DLNA-fähig ist.
Subsonic basiert ebenfalls auf Java und ist damit eine Alternative zu Sockso. Neben einer universell einsetzbaren Archivdatei (.tar.gz) steht auch ein Fremdpaket (.deb) für die Installation zur Verfügung. Online-Demo
verfügbar.
Tin Can Jukebox basiert wie üblich auf PHP und MySQL. Nette Ajax-Effekte der Web-Oberfläche und eine integrierte Benutzerverwaltung machen dieses neue Projekt interessant. Online-Demo
verfügbar.
uShare ist ein UPnP-Media-Server. Dabei handelt es sich um die Server-Komponente, die UPnP-Media-Geräte mit Informationen über verfügbare Multimedia-Dateien (wie Bilder, Videos oder Musik-Dateien) bedienen kann.
enthält neben dem Video Lan Client eine Serverkomponente und kann trotz des Namens auch Audiodateien streamen. Siehe VLC.
Dieser Server verwendet ausschließlich HTML 5 — praktisch wird also auf dem Client weder ein externer Audio-Player noch Flash, Silverlight, Java oder ein anderes Browser-Plugin benötigt. Dafür aber zwangsläufig ein Webbrowser, der HTML 5 umsetzen kann. Mehr Informationen findet man im Artikel zu Zeya.
zina (zina is not andromeda) verwendet ebenfalls Apache und PHP. Eine MySQL-Datenbank wird nicht zwingend vorausgesetzt, kann aber bei Bedarf genutzt werden. Interessant ist auch die mögliche Integration in verschiedene Content Management Systeme (TYPO3, Drupal, Joomla, Wordpress, Xoops) und das Abspielen nach Genre. Das Web-Interface kann auf Deutsch eingestellt werden. Die Version 2.x befindet verwendet auf Wunsch eine Datenbank, die ältere Version 1.0 stellt geringere Ansprüche an Hard- und Software. Die Weiterentwicklung wurde aufgrund der Heirat des Autors eingestellt. Online-Demos
verfügbar.
Prokyon3 ist bis Ubuntu 10.04 aus den offiziellen Paketquellen erhältlich und im Leistungsumfang Madman (siehe unten) ziemlich ähnlich. Es verwendet als Datenbank MySQL, daher müssen (falls noch nicht vorhanden) die folgenden Pakete installiert [1] werden:
prokyon3 (universe)
mysql-server
Dabei werden evtl. noch weitere Pakete installiert.
Prokyon3 verfügt über eine recht komplexe und teilweise unübersichtliche Oberfläche. Man kann jedoch ganz nach Bedarf Teilbereiche ein- und ausblenden.
Madman ist zwar englischsprachig, aber das begrenzte Vokabular, um Musik zu verwalten, dürfte man schnell lernen. Leider wird das Programm zwar gepflegt, aber nicht weiterentwickelt. Außerdem ist der verwendete Audio-Player XMMS seit Ubuntu 8.04 Hardy nicht mehr in den offiziellen Paketquellen enthalten.
Madman ist bis Ubuntu 8.04 in den offiziellen Paketquellen enthalten und lässt sich einfach über das Paket
madman (universe)
installieren [1].
Beim ersten Start von Madman gibt man an, wo die ganzen Musikschätze abgelegt sind. Es ist möglich, mehrere verschiedene Verzeichnisse aufzulisten. Die Verzeichnisse werden nun rekursiv nach Musik durchsucht. Das kann schon eine Zeit lang dauern, denn die ID3-Tags werden dabei ausgelesen und in die Madman-Datenbank übernommen. So kann man in Zukunft seinen Datenbestand blitzschnell durchsuchen. Man kann auch seine Datenbank-Dateien gesondert abspeichern und später wieder laden, und so z.B. unabhängige Archive pflegen.
Madman selbst kann keine Songs abspielen, als Player wird XMMS verwendet. Mit Madman kann man auch sehr einfach die Tags der MP3-Dateien bearbeiten (rechte Maustaste). Sogar eine Funktion zum intelligenten Tag-Erzeugen gibt es. Wer dafür ein anderes Programm verwenden möchte, dem sei EasyTAG empfohlen.
Madman bringt eine übersichtliche (wenn auch nicht hübsche) Oberfläche mit. Das Fenster ist quasi zweigeteilt. Im oberen Bereich findet man links eine Auflistung nach Album, Artist (Interpret) und Genre. Der rechte Teil beinhaltet eine Suchleiste und die Ergebnisliste.
Die Suche ist sehr praktisch gestaltet: Anhand gewisser Kriterien kann man die Ergebnisse sehr gut beeinflussen.
Hier ein paar Beispiele für Suchkriterien:
man moon: Songs die beide Wörter beinhalten “man” und “moon” in einem der Felder
man|moon: Songs die entweder “man” oder das Wort “moon” in einem der Felder beinhalten
“3 doors down”: Genau wie bei Google, Anführungszeichen bewirken, dass nach genau der Phrase “3 doors down” gesucht wird
~artist(complete:creed): So sucht man nach “Creed” im Feld “Artist”, aber nicht nach “Creedence”, “Clearwater Revival” oder so...
Playlisten pflegt man in der unteren Fensterhälfte von Madman. Links werden die vorhandenen Playlisten aufgelistet. Es ist möglich, die Listen in einer Baumstruktur zu organisieren. Tipp: Zum Umbenennen einer Playliste einfach markieren und F2 drücken.
Wie schon bei der Suche, so kann man auch Playlisten anhand von Kriterien erstellen:
Absolute Favoriten: ~rating(>=4)
Nie gehörte Songs: ~playcount(=0)
Lieblings-Songs: ~title(love)|~album(love)
Die Hilfe in Madman gibt weitere Tipps zum Generieren von Suchen und Wiedergabelisten. Bereits bestehende Wiedergabelisten (z.B. von Winamp) können importiert werden.
Musikverwaltung unter Linux - ein Vergleich verschiedener Audio-Player von Sebastian Pfohl
VortexBox - Distribution zur Installation eines SqueezeCenter-Musikservers (ab Version 1.4 DLNA-faehig)
Amahi - Homeserver mit wahlweiser Integration von Ampache, Jinzora oder SqueezeCenter
Überprüfung MP3-Sammlung fehlerhafte Dateien aufspüren